Dienstag, 01. September 2020
Grußworte September 2020
Die Feder meines Engels
Liebe Leserin, lieber Leser,
es gibt Tage, die beginnen schlecht. Ich habe meinen Wecker überhört und meine Kaffeemaschine streikte. Mein Rasiergel war leer und mein Rasierer verlangte nach einer neuen Klinge. Als ich sie, schon leicht genervt, suchte, bemerkte ich, dass mein Korb mit der gefüllten Wäsche auf mich wartete. Leise, aber penetrant, verlangte sie, gewaschen zu werden. Schnell packte ich meine Sachen fürs Büro und habe den Wäschekorb genommen. In der Waschküche angelangt, war nicht nur ich, sondern auch meine Stimmung im Keller. Ich öffnete die Tür meiner Waschmaschine. Ich stutze, weil ich eine kleine Feder bemerkte, die in meiner Waschmaschine lag. Ich nahm sie in meine Hand und erinnerte mich an eine kleine Geschichte, die ich vor Jahren einmal geschrieben habe.
Ich möchte Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, diese kleine Geschichte nicht vorenthalten. Der barmherzige Gott stellt jedem Menschen einen Engel zur Seite. Dieser hat eine sehr wichtige Aufgabe zu erfüllen. In ihrer feierlichen Einführung belehrt und ermahnt sie daher Gott selbst. In seiner ganzen Majestät und Herrlichkeit steht er vor ihnen und spricht mit feierlicher und ernster Stimme: Meine lieben Engel. Ich übergebe euch eine wichtige Aufgabe. Behütet diesen Menschen, den ich euch anvertraue. In seinem Leben wird ihm viel Schweres begegnen. Dafür habe ich euch Flügel geschenkt. Mit ihnen sollt ihr das Harte und Schwere abmildern, das ihm begegnen wird und auf ihm lastet.
In seinem Leben werden viele Fallen auf ihn lauern. Ihr sollt ihn mit euren Flügeln darüber heben, ihn tragen und ihn auf sicheren Boden führen. Er wird den Atem des Lebens spüren. Ihm werden in seinem Leben Menschen und Situationen begegnen, die versuchen, ihm diesen Atem zu rauben. Menschen, die ihn schlagen, die ihn niederdrücken, die ihn klein und unbedeutend machen wollen. Er wird den Hauch der Liebe in seinem Herzen fühlen. Auf diesen Hauch müsst ihr besonders achten. Gebraucht eure Flügel und hebt sie voller Achtsamkeit vor ihn. Die Liebe ist das Kostbarste, das Wunderbarste, das Zauberhafteste, das ich dem Menschenkind mitgegeben und anvertraut habe. Sie macht ihn stark, weil er sich seiner Schwäche bewusst wird. Sie macht ihn reich, weil sie im gegenseitigen Verschenken größer wird. Sie öffnet den Himmel, weil sie in mir ihren Ursprung hat.
Nach dieser Belehrung entlässt er seine Engel. Voller Freude und Eifer eilen sie ihrer Aufgabe zu, ein Menschenkind zu behüten und es ein Leben lang zu begleiten. Gilt es doch, den Atem des Allmächtigen zu behüten. Gilt es doch, mit all ihrer Kraft und Hingabe, den Atem der Liebe zu bewahren. Gilt es doch, diese Geschenke des Allmächtigen mit ihren Flügeln zu schützen. So fliegen alle Engel los, eilen zu ihrem Menschenkind, breiten ihre Flügel über ihm aus. Sie heben ihn über die Fallgruben seines Lebens. Sie schützen das kostbare Geschenk der Liebe. So ganz ohne Blessuren bleibt ihre Aufgabe jedoch nicht. Sie hinterlässt, für viele unbemerkt, eine kleine Feder. Manche sehen sie, greifen danach und wissen: Gott hat mich durch meinen Engel beschützt und behütet. Ich nahm die Feder und hüte sie seit jenem Tag. Gott hat mir eine so wunderbare Begleiterin geschenkt, die mich umfängt, mich schützt, mich begleitet und behütet. Wie kostbar sind die Geschenke, die Gott uns immer wieder macht.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie solche Erfahrungen machen. Manchmal sehen wir die Feder, manchmal übersehen wir sie auch. Ich glaube aber fest daran, dass unsere Begleiterin, unser Engel, sie still und heimlich in unser Herz gelegt hat. Ohne eine charmante Begleitung, dies erfahre ich immer wieder, lässt er uns keinen Tag erleben. Wie immer unser Tag auch beginnen mag.
Wir, das Pastoralteam und die Sekretärinnen, wünschen Ihnen für morgen einen guten Start und achten Sie auf ihre Begleiterin, Ihren Engel.
Mit den herzlichsten Wünschen
Markus Hary, Pfarrer




