Donnerstag, 01. April 2021

Grußworte zu Ostern

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Liebe Leserin, lieber Leser,

der Einzug der brennenden Osterkerze in die dunkle Kirche. Das Licht, das sich im Raum verteilt und von Bankreihe zu Bankreihe wächst. Ein Leuchten, das etwas vom Geheimnis spüren lässt, das diese Nacht erfüllt. Nun hebt das feierliche Osterlob, das Exsultet, an. Diese Erfahrungen gehören für mich zu den schönsten und kostbarsten Momenten der Osternachtsliturgie.

Das Exsultet ist ein alter Gesang, der bis ins 4. Jahrhundert zurückreicht. Er gehört zum Lichtritus der Osternacht. Vielleicht sind Anklänge jüdischer Lichtfeiern in die Liturgie der Osternacht aufgenommen worden. Vielleicht auch Lichtriten anderer Religionen.

Das Exsultet ist voll von Bildern, biblischen Zitaten und Anleihen an die Theologie des Hl. Ambrosius. Alle Aspekte zu betrachten, führte an dieser Stelle zu weit. Ich möchte Sie daher einladen, die für mich schönsten Bilder betrachtend anzuschauen.

Das erste und schönste Bild ist für mich, dass sich für den Dichter die Räume des Himmels und der Erde verbinden. Wir werden zu Beginn in den himmlischen Bereich geführt. Der Dichter blickt in den geöffneten Himmel. Er lässt uns am Einzug Jesu in die göttliche Sphäre teilhaben. Der Jubel, der im ganzen Himmel erschallt, soll seinen Widerhall auch in der Kirche finden. Hier und jetzt sind wir nicht mehr Bewohner*innen der Erde. Wir sind Zeug*innen eines Geschehens, das den Raum und die Zeit überwindet.

Alle, die zu dieser Feier zusammengekommen sind, stehen gleichsam neben den Engeln. Alle dürfen dem himmlischen Geschehen folgen. Alle dürfen Zeug*innen der wunderbaren Verwandlung werden, die in der Auferweckung Jesu Wirklichkeit geworden ist. Der Erniedrigte ist der Erhöhte, der Tote ist der Lebendige, der Missachtete und Gequälte zieht als der Erwählte in die Sphäre des Göttlichen ein. Die jetzt Feiernden sind in den himmlischen Raum eingegliedert. Jetzt und hier gelten nicht Raum noch Zeit, nicht Jerusalem oder ein einmaliges historisches Geschehen unter dem Präfekten Pontius Pilatus. Hier ist der Himmel und jetzt sind sie Bewohner*innen des Himmels.

Das zweite Bild, das mir wichtig ist, folgt aus dem ersten. Hier und jetzt ist der Himmel. Hier und jetzt ist eine andere Wirklichkeit zugegen. Durch die Heiligkeit Gottes ist Heiligung des Raumes und der Zeit möglich. Heiligung wird darin ganz konkret, dass das Heil geschieht, dass Heilung Wirklichkeit geworden ist, weil die Grenzen der Erde und des Himmels überwunden wurden. In immer neuen Bildern zeichnet sich dies vor dem Auge des Dichters ab. Das Unheil, das Menschen erleben und das sich Menschen zufügen, kann und wird durch Gott überwunden. Hier wird von Versöhnung gesprochen, von Zuwendung und Heilung, von einem neuen Menschen, der an der Verwandlung teilhaben darf.

Diese Verwandlung hat ihren ganz konkreten Ort in der Feier der Osternacht. In der Taufe sind die Gläubigen in diese Sphäre des göttlichen Heils, der Verwandlung und der Heilung getreten und werden damit erfüllt und neugestaltet. Sie leben aus dieser Heiligkeit und sollen daher Zeuginnen und Zeugen der Versöhnung und der Heilung werden. Christinnen und Christen sind Versöhner*innen, sie sollen Segen und Heil spenden. Nicht aus eigener Kraft, sondern durch ihre Neugestaltung in der Taufe.

Ich erlebe heute viele Vertreter der Kirche anders. Ich höre von Verboten. Ich spüre Räume des Unheils und sehe Bilder der Ausgrenzung vor meinen Augen. Ich bin rat- und fassungslos über Grenzen, die gezogen, statt überwunden werden.

Ich rufe mir die Bilder der Osternacht in Erinnerung. Ich singe in Gedanken dieses wunderbare Lied. Ich empfinde dabei, dass Gott versöhnt, er heilt, er aufrichtet und nicht niederdrückt. Ich bin mir sicher, dass er nicht richtet, sondern heilt mit der Vision des Himmels, die er in die Herzen der Menschen gelegt hat. Sein Licht, seine Vision eines neuen Menschen, der in der Lage ist, eine neue Erde zu schaffen, hat er uns anvertraut. Der Blick in unsere Welt und auch unsere Kirche könnte uns mutlos machen. Dieses Licht, diese Vision erscheint so klein. In der Taufe wurde unsere Taufkerze an der Osterkerze entzündet. Wir haben uns an ihm entzündet. Wir sind seine Lichträger*innen in die vielen Dunkelheiten unserer Welt und der Menschen.

Ich wünsche Ihnen gemeinsam mit dem Pastoralteam, Gemeindereferentin Frau Sabrina Lingenfelder-Faber und Herrn Pfarrer Michael Baldauf, den Sekretärinnen, Frau Christine Kapper und Frau Benita Vogel, in der Verwaltung Frau Martina Ulrich, dieses himmlische Licht in Ihrem Herzen.

Mit den herzlichsten Wünschen
Markus Hary
Pfarrer