Mittwoch, 01. September 2021
Grußworte September 2021
Am liebsten Zuhause bleiben ...
Sie hat immer gerne in ihrem Garten gearbeitet. Heute kann sie nur noch vom Rollstuhl aus die Vögel beobachten. Eine schwere Erkrankung nimmt Frau M. zusehends die Kräfte. Sie weiß, dass sie nicht mehr lange leben wird, aber möchte gerne bis zum Schluss zu Hause bleiben. Ihr Mann, schon im Ruhestand, hat viel im Haushalt und mit ihrer Pflege zu tun. Wenn er zum Einkaufen geht, macht er sich Sorgen, sie alleine zu lassen. Die Kinder wohnen weit weg. Sie telefonieren viel, aber im Alltag fühlt sich Herr M. oft überfordert. Er bekommt Unterstützung bei der täglichen Pflege seiner Frau und auch beim Putzen der Wohnung. Trotzdem kann er oft nicht mehr wirklich abschalten. Wie gerne würde er mal wieder beruhigt mit dem Hund am Rhein spazieren gehen.
Da erzählt ihm eine Bekannte vom ambulanten Hospizdienst. Sie hatten dort während der Krankheit ihres Mannes viel Beratung und Unterstützung bekommen. Dies gab beiden immer wieder Kraft. So konnte er tatsächlich in Frieden zu Hause sterben. Gleich abends setzt sich Herr M. an den Computer und informiert sich über den ambulanten Hospizdienst in Frankenthal. Der Dienst hat sein Büro in Räumen des Hieronymus-Hofer Hauses, Foltzring 12, Telefon: 06233 4960094. Die hauptamtlichen Hospizfachkräfte gehen zu den betroffenen Familien, beraten individuell und besprechen den Unterstützungsbedarf. Der Dienst setzt, wenn gewünscht, ehrenamtliche Begleiter/innen ein. Diese besuchen die Familien, nehmen sich Zeit für Gespräche oder Spaziergänge, entlasten die Angehörigen und haben einfach ein offenes Ohr. Dieser Dienst ist für Betroffene kostenfrei.
Laut Cicely Saunders, der Begründerin der Hospizbewegung, geht es bei dieser Arbeit "nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“. Das hört sich gut an, denkt Herr M. und will gleich morgen beim Hospizdienst anrufen. Gleich am übernächsten Tag kommt eine Hospizfachkraft des ambulanten Hospizdienstes Frankenthal zu einem Gespräch zu Familie M. In Ruhe hört sie zu, wie Frau M. von ihrer Krankheit erzählt und von ihren Wünschen für die letzte Lebensphase. Herr M. kann seine Sorgen schildern. Wird er es schaffen, seiner Frau ein ruhiges Sterben zu Hause zu ermöglichen? Was, wenn schwere Symptome auftreten, oder wenn er sich plötzlich überfordert fühlt?
Es tut gut, all diese Gedanken einfach mal aussprechen zu können. Die Hospizfachkraft bietet ihre Unterstützung an. Nach Bedarf kann sie beraten bei pflegerischen und medizinischen Fragen, wie auch in psycho-sozialen Belangen. Wenn nötig, nimmt sie Kontakt zum Hausarzt oder auch zum SAPV-Team auf (Spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung). Telefonisch ist sie jederzeit für die Familie erreichbar und gegebenenfalls auch kurzfristig vor Ort. Sie kommen auf das Thema Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht zu sprechen. Auch dabei kann die Fachkraft beratend zur Seite stehen, Formulare mitbringen und diese gemeinsam mit ihnen ausfüllen. „Könnten sie sich vorstellen, dass ein- bis zweimal in der Woche eine unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen kommt und mit ihrer Frau spazieren geht oder im Garten sitzt, während sie in Ruhe ihre Besorgungen machen können?“, fragt sie Herrn M. Frau M. freut sich auf die Aussicht, mal wieder in die Stadt zu kommen und jemanden zum Reden zu haben. Ihr Mann scheint sehr erleichtert zu sein. „Und das alles ist tatsächlich kostenlos?“ Die Hospizfachkraft bestätigt dies. Der Dienst wird über die Krankenkasse bezuschusst. Zusätzlich finanziert er sich über Spendengelder. Schon am nächsten Tag meldet sich die ehrenamtliche Mitarbeiterin Frau W. und sie machen einen Termin für ein erstes Treffen aus. Frau M. ist sehr gespannt.
Mit den herzlichen Grüßen
Michael Baldauf, Pfarrer





