Freitag, 01. August 2025
Grußworte August/September 2025
Liebe Leserin, lieber Leser,
die folgende Geschichte trug sich vor Jahren in einem kleinen Bauernhaus, in einem verträumten Dorf im wunderschönen Burgund zu. Einige Freunde und ich verbrachten einige Urlaubstage bei unserer gemeinsamen Freundin. Wir genossen die gemeinsame Zeit, freuten uns auf das Frühstück, bei dem natürlich weder frisches Baguette noch herrlich duftende Croissants fehlen durften. Wir hielten uns, so lange es nur möglich war, im wunderschönen Garten auf. Jeder war mal für das Abendessen verantwortlich, wenn er mochte. Da ich kein begnadeter Grillmeister bin, überließ ich das Grillen gerne anderen. Zum Abendessen sollte es jedoch Nudeln mit Gemüsesauce geben. ‚Kein Problem, die kann ich machen‘, warf ich in die Runde.
Um den Fortgang der Geschichte besser zu verstehen, muss ich Ihnen kurz einen Einblick in die Küche und die Speisekammer geben. Neben der Küche, die eigentlich der zentrale Wohnraum des Hauses bildet, befindet sich besagte Speisekammer. Hier lagern die Lebensmittel und Getränke, die wir eingekauft, geerntet - ein kleiner Nutzgarten gehört auch zum Haus – oder geschenkt bekommen haben. Einiges befindet sich im Kühlschrank, anderes lagert auf einem alten Tisch oder auf der Fensterbank. Und auf besagter Fensterbank begann jene amüsante Geschichte.
Karotten, Zwiebeln und Zucchini, dazu natürlich Tomaten, die frisch eingekauft waren. Mit diesen Zutaten wollte ich die Gemüsesauce machen. Die passenden Kräuter fand ich im Garten und vor dem Haus. Da sich alles, nach meiner Einschätzung, auf der Fensterbank und vor dem Haus befand, stand der Zubereitung einer schmackhaften Sauce also nichts mehr im Wege. Ich begann gleich mit den notwendigen Vorarbeiten. Ich habe alles in den Topf gegeben, mit Salz und Pfeffer gewürzt und den frischen Kräutern verfeinert. Die Gemüsesauce war bereit, um gemeinsam mit den Spaghetti genossen zu werden. Da ich gerne Salat esse, begannen wir oft mit einem großen, bunten Salat unser gemeinsames Abendessen. Für den Salat zeichnete sich an jenem besagten Tag unsere französische Freundin verantwortlich. ‚Markus, hast du die Gurken gesehen? Meine Cousine hat sie heute gebracht. Ich habe sie auf die Fensterbank gelegt. Ich kann sie leider nicht finden‘. Ich fing herzlich an zu lachen. Ich hatte die Gurken für Zucchini gehalten und sie in die Gemüsesauce getan. Natürlich klärte ich alle über mein herzliches Lachen auf und alle stimmten ebenso beherzt ein. Auf den Salat haben wir an jenem Abend verzichtet, da ein Teil davon ja bereits in der Nudelsauce verarbeitet war. Das gemeinsame Fazit nach dem Essen: Etwas ungewöhnlich, aber dennoch sehr schmackhaft. Nach jener Erfahrung verwende ich heute, sollten mir etwa Zucchini fehlen, auch mal Gurken für meine Gemüsesauce. Sie werden sicher verstehen, dass ich sie dann mit einem Lächeln und besonderer Freude genieße. Sie lässt mich immer an jenen wunderbaren und unvergessenen Abend denken.
Ich bin nicht perfekt und bin dankbar, wenn Freundinnen und Freunde meine Unzulänglichkeiten mittragen und Verständnis dafür haben. Sie sind für mich jene Fenster, durch die mich Gott anschaut. Ich hoffe sehnlichst, dass er bei dem meisten meiner Missgeschicke auch zu einem herzlichen Lachen fähig ist. Ich bin zutiefst dankbar für jene Erfahrung und für mein Vertrauen in meinen Gott. Ich sehe uns gemeinsam bei vielen meiner Missgeschicke lachen. Bei anderen blicke ich in sein eher nachdenkliches, wenn auch immer noch wohlwollendes Gesicht. Erich Fromm unterschied zwischen autoritären und humanitären Zügen in den Religionen. In autoritären Vorstellungen wird Gott als Richter gesehen, der nach Schuld und Verfehlungen sucht, der nach blindem Gehorsam und bedingungsloser Unterwerfung verlangt. In Religionen, in denen der menschenfreundliche Gott verkündet und gelebt wird, stehen Zuwendung und Verständnis, Liebe und Vertrauen im Vordergrund.
Die Erfahrung meines Gottes trägt die Züge des Menschenfreundlichen. Ich hoffe, dass auch dieses Bild Ihre Gotteserfahrung prägt und trägt. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen erholsame und gesegnete Tage. Machen Sie gerne Erfahrungen mit meinem ungewöhnlichen Rezept. Aber noch viel mehr wünsche ich Ihnen, die so heilsame Erfahrung unseres menschenfreundlichen Gottes.
Markus Hary, Pfarrer